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Alex Lahey: „Manchmal ist es gut, nicht bequem zu sein“

Auf ihrem Album „The Answer Is Always Yes“ singt die australische Musikerin Alex Lahey über ihr Leben als queere Teenagerin, die Verlobung von Ex-Freundinnen und Veränderungen, die gut tun. Im L-MAG-Interview erzählt sie uns mehr darüber.

Pooneh Ghana

Von Katja Röckel

3.10.2023 - Die queere Australierin Alex Lahey (31) hat im Mai ihr drittes Album „The Answer Is Always Yes“ veröffentlicht und tourt gerade durch Europa. Wir haben mit ihr über sie und ihre Songs gesprochen.

Der Titel deines Albums „The Answer Is Always Yes“ impliziert, dass du ein optimistischer Mensch bist. Würdest du dich selbst so beschreiben?

Ich denke, dass ich im Grunde optimistisch bin, aber auch ziemlich ungeduldig, was als Zynismus oder Frustration rüberkommen kann. Ich glaube gerne an das Beste in jedem, ohne leichtgläubig zu sein. Es braucht schon einiges, um mich wirklich aus der Fassung zu bringen.

„Wouldn't let me in“ bezieht sich auf dein Leben als queere Teenagerin. Was würdest du deinem jugendlichen Ich als jetzt Erwachsene sagen, und was denkst du, ist für die queere Jugend von heute anders?

Ich glaube, ich würde meinem Teenager-Ich sagen, dass es immer nett zu sich selbst und anderen sein soll und dass es keine Angst vor seiner Queerheit haben soll. Am Anfang meiner Karriere gab es eine Zeit, in der ich versucht habe, Dinge zu verschleiern, weil ich nicht in eine Schublade gesteckt werden wollte. Jetzt wünschte ich mir, dass es mir gleichgültiger gewesen wäre und ich mich mehr an queeren Rolemodels orientiert hätte. Ich denke, es gibt keine bessere Zeit als jetzt, um als queere Person aufzuwachsen. Es gibt zwar immer noch enorme Schwierigkeiten und Vorurteile, aber auch Orte, an denen queere Menschen Antworten auf ihre Fragen bekommen und sich mit anderen austauschen können, die Ähnliches durchmachen - das Internet ist dafür großartig. Ich denke, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, vor allem für junge trans Menschen, die einen stark marginalisierten Teil unserer Community darstellen. Aber verglichen mit der Zeit, in der ich aufgewachsen bin, gab es diese Repräsentation in den Medien nicht. Wenn queere Menschen im Fernsehen zu sehen waren, war ihr Queersein meist ein Problem.

In dem Video zu „Wouldn't let me in“ sehen wir Dich als Verkäuferin in einem pompös-trashigen Möbelgeschäft. Kannst du mir mehr über die Idee erzählen?

In Melbourne gibt es einen Möbelladen, der von einem Mann namens Franco Cozzo geführt wird, der sehr prunkvolle Möbel im Rokoko-Stil verkauft. Cozzo wurde zum Symbol für den Erfolg der europäischen Einwanderergeneration, zu der auch meine Mutter gehört, die in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren ins Land kam. Die Figur, die ich in dem Musikvideo spiele, basiert auf ihm. Die Regisseurin Claire fand einen Laden, der dem Franco-Cozzo-Läden verblüffend ähnlich sah, und wir hatten das Glück, einen Tag lang Zugang zu diesem Geschäft zu bekommen. Ich wusste schon immer, dass ich ein Tanzvideo machen wollte, und das war die perfekte Kulisse.

Worum geht es im Song „Congratulations“?

Als ich eines Tages auf meinem Handy scrollte, sah ich, dass zwei meiner Ex-Partnerinnen gerade bekannt gegeben hatten, dass sie sich verlobt hatten. Nicht miteinander, sondern mit zwei verschiedenen Menschen. In dem Song geht es darum, dass man ein bisschen verbittert ist, wenn man mit ansehen muss, wie der/ die Ex weiterzieht und heiratet. Ich denke, das ist eine ziemlich universelle Erfahrung, besonders im Zeitalter von Social Media.

In dem Musikvideo zu „On the way down“ rennst du eine Menge Treppen hinunter. Worum geht es in dem Song?

Es ist ein Lied darüber, mit jemandem befreundet zu sein, der sich irgendwann von einem entfernt und eine Art sozialer Aufsteiger ist. Dazu kommt die Frustration darüber, dass man das Gefühl hat, seine Zeit mit einer Person verschwendet zu haben, die nicht aufrichtig zu einem war. Ich habe an dem Drehtag etwa 30.000 Schritte zurückgelegt. Meine Oberschenkel, Kniesehnen und mein Hintern taten mir danach drei Tage lang sehr weh. Jedes Mal, wenn du mich die Treppe hinuntergehen siehst, denke einfach daran, wie ich vorher hinaufgestiegen bin. Aber das war es wert.

In „The Answer Is Always Yes“ singst du: „I don't want it all to be the way it was before it changed“. Ist der Album- und Songtitel vielleicht eine Art Mantra?

Es geht im Grunde darum, dass man damit einverstanden ist, dass sich Dinge verändern und sich auf Veränderungen einlässt. Es ist leicht für uns bequem zu sein, aber manchmal ist es gut, nicht bequem zu sein und sich weiterzuentwickeln. Ich will damit sagen: Es ist in Ordnung, wenn sich Dinge verändern, und man muss und kann damit klarkommen.

Das ist der letzte Song des Albums und er endet so abrupt, dass ich zunächst das Gefühl hatte, dass etwas fehlt. Aber vermutlich hast du das genau so gewollt?

Das war eine sehr bewusste Produktionsentscheidung. Der Song hat etwas sehr Existenzielles, und ich wollte, dass es sich anfühlt, als würde die Welt untergehen, aber es okay ist. Das Ende des Songs ist die Tonaufnahme eines Erdbebens. So endet alles, es ist vorbei. Ich mochte es irgendwie, wie sehr es am Ende einfach zu Ende war.

Interview: Katja Röckel, Übersetzung und redakt. Mitarbeit: Martha Röckel

 

Am 6. Okt. erscheint die „Expanded Edition“ von Alex Laheys aktuellen Albums „The Answer Is Always Yes“ (mit drei neuen Songs)

Tourtermine:

4. Okt.: Hamburg, Uebel & Gefährlich

5. Okt.: Berlin, Prachtwerk

6. Okt. Köln, Helios 37

 

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